EVERGREEN-CEO Iven Kurz: EU-Kommission größter Hebel für Nachhaltigkeit in Finanzbranche

Iven Kurz, CEO von EVERGREEN, über Nachhaltigkeit der Finanzbranche. Wie eine Investition beim Fintech sozial gerecht wirkt und was er sich von der EU wünscht.

EVERGREEN-CEO Iven Kurz: EU-Kommission größter Hebel für Nachhaltigkeit in Finanzbranche
Iven Kurz im Interview über nachhaltige Finanzen und die Rolle von EVERGREEN
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Für Iven Kurz ist das Thema Nachhaltigkeit das Leitthema für EVERGREEN. Sowohl in der Anlage, als auch im Unternehmen selbst. Dafür hat das Unternehmen einen Screening-Prozess entwickelt und orientiert sich an den SDGs.

EVERGREEN zählt mittlerweile über 13.000 Anleger:innen und arbeitet mit Unternehmen wie der Tomorrow Bank zusammen. Das Unternehmen hat eigene Fonds aufgelegt und ermöglicht Impact Investments. "Wichtig ist für uns, dass wir bei all unseren Produkten einen messbaren Impact nachweisen können."

Seiner Ansicht nach ist der größte Hebel für die nachhaltige Wirkung der Finanzbranche ist "die EU-Kommission, die mit verschiedenen Regeln versucht, Grundlagen zu schaffen, um Geldströme umzulenken."

Das gesamte Interview mit Iven Kurz von EVERGREEN

kīnu: Wenn du EVERGREEN mit 3 Wörtern beschreiben müsstest, welche wären das?

Iven Kurz (CEO von EVERGREEN): Ganz klar Nachhaltigkeit – sowohl hinsichtlich des Unternehmens als auch der Produkte. Das zweite Wort wäre Transparenz und das dritte Fairness.

"Unsere Anleger:innen legen einen stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit als der Durchschnitt"

Wie etabliert ist EVERGREEN?

Wie etabliert wir sind, ist aus der Innenperspektive immer schwer einzuschätzen. Insgesamt kann man aber sagen, dass wir von Jahr zu Jahr bekannter werden. Mittlerweile kennen uns auch einige Etablierte, aber bis zur Bekanntheit der großen Banken und Fondsmanager ist es noch ein weiter Weg. Dass wir uns Stück für Stück etablieren, zeigen auch unsere Kundinnen und Kunden. Von wenigen Hundert im ersten Jahr sind wir nun im dritten Jahr – in dem wir mit der Plattform live sind – bei über 13.000 Anlegerinnen und Anlegern. Auch dank der Partner.

Was sind typische Kund:innen eurer Produkte?

Einen typischen Kunden oder eine typische Kundin gibt es nicht; sie sind sehr divers. Unsere Kundenbefragungen haben gezeigt, dass unsere Anleger:innen einen stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit legen als der Durchschnitt. Vom Alter her ist es eine Normalverteilung, mit einem Peak in der Altersgruppe Mitte bis Ende 30.

Messbarer Impact soll bei EVEGREEN immer nachgewiesen werden

Zum Thema Nachhaltigkeit: Was ist deiner Meinung nach der größte Hebel, damit Investitionen eine nachhaltige und soziale Wirkung haben?

Meiner Ansicht nach ist der derzeit größte Hebel die EU-Kommission, die mit verschiedenen Regeln versucht, Grundlagen zu schaffen, um Geldströme umzulenken. Das ist gesamtgesellschaftlich der größte Hebel. Dazu kommen die spezifischen Möglichkeiten der einzelnen Fondsmanagement-Unternehmen. Hier ist ein wesentlicher Hebel die Integration von strengen Nachhaltigkeitskriterien, aktive Aktionärseinflussnahme und Transparenz in der Berichterstattung.

Wie nutzt EVERGREEN diesen Hebel?

Wir selbst versuchen all diese Hebel zu nutzen – mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeitskriterien und Transparenz. Als kleiner Fondsmanager ist unser Einfluss auf die Unternehmen noch begrenzt, aber auch hier versuchen wir, mit den Unternehmen in unseren Fonds in einen Dialog zu treten. So können wir unsere Ansichten mitteilen. Wichtig ist für uns, dass wir bei all unseren Produkten einen messbaren Impact nachweisen können.

Ich selbst habe EVERGREEN getestet und mir wurde die GREENactive 7 Strategie empfohlen. Kannst du in einfachen Worten erklären, wie mein Geld damit zu einer nachhaltigen Welt beiträgt?

Ja, klar. Bei den GREENactive Strategien setzen wir unser Yin und Yang-Konzept ein. Der messbare Impact wird hier über Green- und Social-Bonds erreicht. So fließt ein Teil des Investments in den GREENactive Strategien unter anderem in die Renaturierung der Meere bei Holland, über eine zweckgebundene Anleihe der Nederlandse Waterschapsbank. Die einzelnen Impact Investments werden anhand der 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung der UN ausgesucht.

Im Oktober habt ihr die neuen „GREENimpact“-Strategien eingeführt. Was unterscheidet diese im Vergleich zu den bestehenden „GREENactive“-Strategien?

Beide Strategien haben ihre eigene Herangehensweise, um Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt unserer Investitionsentscheidungen zu stellen.

GREENactive ist dabei unsere dynamische und flexible Strategie, die an die wechselnden Bedingungen der Finanzmärkte angepasst ist. Wir variieren die Aktien- und Anleihenquoten und sorgen so für einen optimalen Anlagemix, der auf die jeweilige Marktsituation abgestimmt ist. Dieser Ansatz erlaubt es uns, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren und Risiken effektiv zu managen. Dabei legen wir einen besonderen Fokus auf nachhaltige ESG-Indizes und investieren in Förderinstitute sowie Green und Social Bonds, um einen positiven sozialen und ökologischen Impact zu erzielen.

Die Wahl zwischen Divestment und Engagement als Mittel, um in Unternehmen Veränderungen herbeizuführen, hängt von der Situation ab.

GREENimpact hingegen setzt auf eine langfristigere, stabilere Strategie. Wir halten hier feste Aktien- und Anleihenquoten und verfolgen ein passiveres Investmentmodell. Diese Strategie ist darauf ausgerichtet, langfristiges Wachstum zu generieren und dabei gleichzeitig nachhaltige Werte zu schaffen. Die Investitionen sind stark an den Zielen des Pariser Klimaabkommens ausgerichtet, was uns hilft, gezielt in Unternehmen und Projekte zu investieren, die einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Windräder in Feldern
Impact Investing bei beiden GREENactive und GREENimpact

Zusammenfassend bieten beide Strategien, GREENactive und GREENimpact, unterschiedliche Ansätze, um Nachhaltigkeit und finanzielle Performance in Einklang zu bringen. GREENactive ist für Anleger geeignet, die eine flexiblere, aktiv gemanagte Anlagestrategie – mit Sicherheitszone - bevorzugen, während GREENimpact Anlegern eine passivere, langfristige Anlageoption bietet, die sich stark auf Klimaziele konzentriert.

Der Name „impact“ suggeriert, dass diese eine stärkere nachhaltige Wirkung als die anderen Strategien haben. Wie ist das bei passiven Investitionen möglich?
Beide Strategien haben einen Impact – bei den GREENimpact Strategien ist dieser ein Stück höher, was auch mit etwas mehr Risiko einhergeht. So haben wir uns bei Yin und Yang zum Beispiel für eine SFDR-Klassifizierung nach Artikel 8+ (also hellgrüne Fonds) entschieden, um Spielräume für Risikomanagement zu haben.

Bei GREENimpact dagegen nutzen wir nur unsere eigenen dunkelgrünen Artikel 9 Fonds, die im Aktienbereich dazu Paris-Aligned sind. Im Anleihenbereich ist bei den Impact-Strategien zudem die Mindestquote von Impact Investments höher.

Ist „Divestment“ oder „Engagement“ effektiver, um einen positiven Wandel in Unternehmen zu erwirken?

Die Wahl zwischen Divestment und Engagement als Mittel, um in Unternehmen Veränderungen herbeizuführen, hängt von der Situation ab. Divestment sendet eine klare Botschaft durch den Rückzug aus Investments in problematische Bereiche, kann aber den Einfluss auf das Unternehmensverhalten einschränken.

Engagement hingegen bedeutet, im Dialog mit Unternehmen zu stehen und aktiv Veränderungen anzustoßen. Diese Methode setzt voraus, dass Unternehmen offen für Veränderungen sind. In der Praxis nutzen viele Investoren, auch wir, eine Kombination beider Ansätze, je nachdem, was in der jeweiligen Situation effektiver erscheint.

Ein Punkt für Divestment ist auch, dass die Boni der Geschäftsführung zum Teil von der Entwicklung des Aktienkurses abhängen. Bei Engagement ist dafür der mögliche Impact höher, da man Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit bewegen kann.

Auf eurer Nachhaltigkeitsseite steht, dass ihr direkte Investitionen in Immobilien oder Rohstoffe ablehnt. Indirekt investieren die Fonds z.B. in Bergbauunternehmen. Wie stellt ihr ohne direkte Investition in kontroverse, aber wichtige Branchen (z.B. Abbau von Edelmetallen, die für Solaranlagen benötigt werden) sicher, dass Unternehmen nachhaltig und ethisch agieren?

Eine direkte Investition in Rohstoffe und Immobilien lehnen wir bei EVERGREEN ab, da wir uns nicht an einer Preisspekulation in diesen Asset-Klassen beteiligen wollen. Etwas anderes ist es, in Unternehmen zu investieren, die sich im Bergbau oder Wohnungsbau engagieren.

Hier achten wir darauf, dass die Unternehmen, in die wir investieren, ethisch und nachhaltig handeln. Unser vierstufiger Screening-Prozess, der transparent auf unserer Homepage einsehbar ist, umfasst eine detaillierte Analyse der Unternehmenspraktiken hinsichtlich Umweltschutz, sozialer Verantwortung und Unternehmensführung. Zudem führen wir regelmäßige Überprüfungen durch, um sicherzustellen, dass diese Unternehmen unseren Nachhaltigkeitsstandards entsprechen.

Tagebau in Barossa Valley, SA, Australia
Bergbau - kontroverse Branche für Investitionen

Bergbau ist mit Sicherheit eine der kontroversesten Branchen, wenn es um das Thema Umweltschutz geht. Im Nachhaltigkeitsausschuss wurde sich darauf geeinigt, Unternehmen auszuschließen, die Edelmetalle abbauen, welche nicht bzw. nur begrenzt in der nachhaltigen Transformation benötigt werden.

Unternehmen, die hingegen Edelmetalle abbauen, die z.B. für die Energiewende unerlässlich sind, durchlaufen den gleichen Nachhaltigkeitsprozess, wie alle anderen Emittenten. Zeigt das Screening schwerwiegende Kontroversen, werden sie vom Nachhaltigkeitsausschuss ausgeschlossen.

Plant ihr, die Nutzung von Stimmrechten für nachhaltige Entscheidungen stärker zu nutzen? Falls ja, wie sehen die Pläne dafür aus?

Die Nutzung von Stimmrechten haben wir auf unserer Roadmap. Derzeit beginnen wir damit, aktiv die Unternehmen anzusprechen, die in unseren Fonds vertreten sind. So können wir Einfluss nehmen, ohne direkt auf allen Hauptversammlungen präsent sein zu müssen. Es ist für uns klar, dass mit dem Wachstum unserer Fondsmanagement-Gesellschaft auch die Bedeutung der Nutzung von Stimmrechten und das aktive Engagement zunehmen werden.

Ihr plant ein neues Zinsprodukt. Was genau steckt dahinter und wann ist es verfügbar?

Das Zinsprodukt ist seit kurzem verfügbar und bietet aktuell 3,3 % Zinsen, nach Kosten. Unser ZINSPocket kombiniert die Flexibilität eines Tagesgeldkontos mit attraktiven, anhaltenden Zinsen. Es ist direkt an die Leitzinsen der EZB gekoppelt, was bedeutet, dass die Zinsen kontinuierlich den Marktbedingungen angepasst werden. Das ZINSPocket eignet sich hervorragend, um Geld kurzfristig zu parken oder von Zinserhöhungen zu profitieren.

👉 Auch spannend: Konten mit den den höchsten Zinsen in Deutschland

Auch andere Anbieter wie WiLLBe, TradeRepublic oder die DKB bieten hohe Zinsen. Was hebt das ZinsPocket von EVERGREEN ab?

Unser ZINSPocket bietet eine einzigartige Kombination aus hoher Sicherheit und attraktiven Zinsen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Tagesgeldkonten, die in der Regel nur von einem Geldinstitut abhängen und im Falle einer Insolvenz nur bis zur Höhe der Einlagensicherung geschützt sind, bietet das ZINSPocket durch seine Struktur als Geldmarktfonds eine breite Diversifikation. Das Kapital wird auf viele Geldinstitute verteilt, wodurch das Risiko einer Insolvenz eines einzelnen Instituts minimiert wird. Zusätzlich ist das investierte Geld als Sondervermögen geschützt und somit vor Insolvenz des Fondsanbieters sicher.

Höhe der Einlagensicherung in Deutschland

In Deutschland beträgt die Einlagensicherung 100.000€. Im Falle einer Insolvenz einer von der deutschen Einlagensicherung geschützten Bank würden Kontoinhaber:innen bis zu 100.000€ erstattet bekommen.

Während andere Anbieter oft zeitlich begrenzte Zinssätze anbieten, die regelmäßiges Wechseln erfordern, um von höheren Zinsen zu profitieren, bietet das ZINSPocket eine konstante und attraktive Verzinsung ohne solche Einschränkungen. Dies macht unser Angebot nicht nur sicherer, sondern auch bequemer und effektiver. Übrigens können unsere Anleger:innen beliebig viele ZinsPockets für unterschiedliche Sparziele anlegen.

Besser als Tagesgeld? Das ZinsPocket von EVERGREEN
Mit 3,3% Zinsen möchte EVERGREEN eine nachhaltige Alternative zum Tagesgeld anbieten. Wie gut ist das ZinsPocket wirklich?

Nachhaltige Finanzen, vor allem ESG, stehen auch immer wieder in der Kritik. Wo ist aus deiner Sicht die Finanzwelt bereits auf einem guten Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit? Und wo siehst du den größten Handlungsbedarf?

Die Finanzwelt macht Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeit, besonders durch die Einbeziehung von ESG-Kriterien in die Investitionsentscheidungen. Transparenz und Berichterstattung verbessern sich ebenfalls, was für informierte Entscheidungen wichtig ist.

"Die nachhaltige Finanzierung von Umwelt- und Klimaschutz ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit."
Svenja Schulze (Zitatsammlung Nachhaltige Finanzen)

Jedoch besteht Handlungsbedarf bei der Standardisierung von ESG-Kriterien, um Klarheit und Vergleichbarkeit zu schaffen. Zudem sollten Nachhaltigkeitspraktiken nicht nur als Lippenbekenntnisse existieren, sondern tief in den Strategien von Unternehmen verankert sein. Dafür brauchen wir stärkere Regulierungen und Kontrollen.

Außerdem ist es wichtig, nachhaltige Anlagen für alle zugänglich zu machen, unabhängig von ihrem Vermögen. Das erfordert innovative Plattformen und Lösungen. Schließlich sollten wir in Bildung und Bewusstseinsbildung investieren, um das Verständnis für nachhaltige Finanzen zu stärken und eine gerechtere Zukunft zu fördern.

Und zuletzt: Welche Rolle nimmt EVERGREEN als Teil der Finanzwelt dabei jetzt und in 5 Jahren ein?

Für uns ist klar, dass wir vorangehen wollen – auch gemeinsam mit Unternehmen, die die gleichen Ideen und Ansprüche teilen wie wir. So arbeiten wir heute schon eng mit der Neobank Tomorrow oder Invest in Visions zusammen, aber auch die GLS Bank, Triodos oder die Umweltbank sind Gesprächspartner.

Was wir zeigen wollen, ist, dass echte Nachhaltigkeit immer im Unternehmen beginnt. Für uns war die B Corp-Zertifizierung ein wichtiger Schritt, und wir wollen auf diesem Weg weitermachen. Unser Anspruch ist natürlich, weiter zu wachsen, mehr Menschen faire, transparente und echte nachhaltige Geldanlagen zu ermöglichen und auch weitere neue Produkte, z.B. für die Altersvorsorge, zu kreieren.

Vielen Dank an das Team von Evergreen und Iven Kurz für das Interview!

Wenn du schon hier bist, ist es vielleicht an der Zeit über eine nachhaltige Bank nachzudenken?

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