Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ)
Die Gemeinwohl-Ökonomie soll Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit in die Wirtschaft bringen. Kriterien und Unternehmen die danach bilanzieren.
Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und Steuerflucht führt teils zu prächtigen Gewinnen in Unternehmen. Die derzeitige Wirtschaftsordnung honoriert Profit, egal wie dieser entsteht.
Diese Kritik muss sich der Kapitalismus zumindest in Teilen gefallen lassen. Es gibt keine bessere Alternative ist darauf die häufige Schlussfolgerung. Das stimmt nicht, sagen Vertreter der Gemeinwohl-Ökonomie. Genau diese Alternative sei nämlich ebendiese.
Über ein Wirtschaftsmodell, das Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Kooperation und Solidarität in den Vordergrund stellt.
Was ist die Gemeinwohl-Ökonomie?
Die Gemeinwohl-Ökonomie (englisch: Economy for the Common Good) ist ein Wirtschaftsmodell, das auf den Prinzipien der Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Kooperation und Solidarität basiert.
Sie zielt darauf ab, ein Gleichgewicht zwischen ökonomischen Interessen und dem Wohlergehen der Allgemeinheit zu schaffen.
Zu den wichtigsten Tools der Gemeinwohl-Ökoonomie gehörten:
- Gemeinwohl-Matrix
- Gemeinwohl-Bilanz
- Gemeinwohl-Produkt
Gemeinwohl-Matrix
Die Gemeinwohl-Matrix dient als Bewertungstool für Unternehmen und Organisationen, um zu messen, wie gut sie in Bezug auf verschiedene Aspekte des Gemeinwohls abschneiden.
In der Gemeinwohl-Matrix werden verschiedene Kriterien betrachtet, die in vier große Bereiche unterteilt sind:
- Menschliche Würde: Hier wird beurteilt, inwieweit Unternehmen die Menschenwürde in Beziehungen zu Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden und anderen Geschäftspartnern respektieren und fördern.
- Solidarität und Gerechtigkeit: Dieser Bereich bewertet, wie Unternehmen sich in Bezug auf gerechte Einkommensverteilung, ökologische Nachhaltigkeit und faire Geschäftspraktiken verhalten.
- Ökologische Nachhaltigkeit: Hier wird untersucht, wie nachhaltig und umweltfreundlich die Geschäftspraktiken eines Unternehmens sind, einschließlich der Nutzung von Ressourcen und der Auswirkungen auf die Umwelt.
- Demokratie und Transparenz: Dieser Teil bewertet, inwieweit Unternehmen demokratische Prozesse und Transparenz in ihrer Organisation und Entscheidungsfindung fördern.
Jedes dieser Hauptkriterien wird weiter in Unterkriterien aufgeschlüsselt, um eine detaillierte Bewertung zu ermöglichen.
Unternehmen, die sich an der Gemeinwohl-Matrix orientieren, streben danach, ihre Geschäftspraktiken so zu gestalten, dass sie nicht nur wirtschaftlich erfolgreich sind, sondern auch einen positiven Beitrag zum Wohl der Gesellschaft und der Umwelt leisten.
Gemeinwohl-Bilanz
Die Gemeinwohl-Bilanz ist ein Instrument, das dazu dient, die Leistung eines Unternehmens oder einer Organisation in Bezug auf soziale und ökologische Kriterien zu bewerten und zu dokumentieren. Sie basiert auf den Prinzipien und Kriterien der Gemeinwohl-Matrix und ist eine Art Berichterstattungswerkzeug, das zeigt, wie gut ein Unternehmen in verschiedenen Bereichen des Gemeinwohls abschneidet.
Im Wesentlichen funktioniert die Gemeinwohl-Bilanz wie folgt:
- Bewertung nach der Gemeinwohl-Matrix: Unternehmen bewerten ihre Leistung in den verschiedenen Bereichen der Gemeinwohl-Matrix, wie menschliche Würde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Demokratie und Transparenz. Diese Bewertung umfasst sowohl interne Prozesse (z.B. Umgang mit Mitarbeitenden) als auch externe Auswirkungen (z.B. ökologischer Fußabdruck).
- Punktesystem: Die Bewertung erfolgt meist in Form eines Punktesystems, bei dem Unternehmen Punkte für ihre Leistungen in den einzelnen Bereichen erhalten. Die maximale Punktzahl zeigt an, wie gut das Unternehmen im Idealfall im Sinne des Gemeinwohls operieren könnte.
- Erstellung eines Berichts: Auf Basis dieser Bewertung erstellen Unternehmen einen Gemeinwohl-Bericht. Dieser Bericht dient dazu, die Leistungen und Herausforderungen des Unternehmens in Bezug auf das Gemeinwohl transparent und nachvollziehbar darzustellen.
- Externe Prüfung: In vielen Fällen wird die Gemeinwohl-Bilanz von externen Prüfern überprüft, um die Glaubwürdigkeit und Genauigkeit der Selbstbewertung zu erhöhen.
- Kontinuierliche Verbesserung: Die Gemeinwohl-Bilanz ist nicht nur eine Momentaufnahme, sondern dient auch als Grundlage für kontinuierliche Verbesserungen. Unternehmen nutzen die Ergebnisse, um Bereiche zu identifizieren, in denen sie sich verbessern können, und um Maßnahmen zur Steigerung ihres Beitrags zum Gemeinwohl zu planen.
Die Gemeinwohl-Bilanz hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, da immer mehr Unternehmen und Organisationen nach Wegen suchen, ihre soziale und ökologische Verantwortung systematisch zu erfassen und zu verbessern.
Sie dient nicht nur als Instrument zur Selbstreflexion und -verbesserung, sondern auch als Kommunikationsmittel gegenüber Stakeholdern wie Kunden, Mitarbeitenden.
Gemeinwohl-Bilanzen messen die (positive) Auswirkung des Unternehmens auf die Gesellschaft.
Gemeinwohl-Produkt
Als Alternative zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) schlägt die Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie das Gemeinwohl-Produkt vor.
Die Messung des BIPs sei nicht verlässlich, um den Erfolg einer Wirtschaft oder eines Landes zu messen. Das BIP beinhaltet schließlich nicht das Wohlergehen der Menschen oder den Zustand der Ökologie. Zudem könne mit endlichen Ressourcen der Erde kein unendliches Wachstum realistisch funktionieren.
Das Gemeinwohl-Produkt bewertet daher viele Aspekte, die das Gemeinwohl eines Landes besser abbilden sollen. [2]
Kriterium | Gemeinwohl-Produkt | BIP |
---|---|---|
Menschenrechte | ✅ | ❌ |
Teilhabe | ✅ | ❌ |
Beitrag zur Gesellschaft | ✅ | ❌ |
Ökologische Nachhaltigkeit | ✅ | ❌ |
Beitrag zur Gesellschaft | ✅ | ❌ |
Lebensqualität und Zufriedenheit | ✅ | ❌ |
Produktion von Gütern und Dienstleistungen | ❌ | ✅ |
Grundprinzipien und Ziele
Die Grundprinzipien der Gemeinwohl-Ökonomie umfassen Transparenz, Menschenwürde, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung.
Unternehmen, die diesen Ansatz verfolgen, messen ihren Erfolg nicht nur an finanziellen Gewinnen, sondern auch daran, wie gut sie zum Gemeinwohl beitragen.
Umsetzung in der Praxis
In der Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen, um eine positive soziale und ökologische Wirkung zu erzielen. Dies kann durch faire Arbeitsbedingungen, umweltfreundliche Produktionsmethoden und die Unterstützung lokaler Gemeinschaften erfolgen.
Vorteile der Gemeinwohl-Ökonomie
Die Vorteile einer Gemeinwohl-Ökonomie sind vielfältig. Sie kann zu einer gerechteren Verteilung von Ressourcen führen, die Umwelt schützen und die Lebensqualität für alle verbessern. Zudem fördert sie eine stärkere lokale Wirtschaft und kann die Resilienz gegenüber globalen Wirtschaftskrisen erhöhen.
Verwandte Denkweisen [1]
- Postwachstumsökonomie
- Fairer Handel
- Solidarische Ökonomie
- Ethikbanken, Regionalwährungen und Tauschkreise
- Gemeingüter-Bewegung
Unternehmen und Organisationen mit Gemeinwohl-Berichten
Von lokaler Apotheke, über IT-Beratung bis hin zu einer Krankenkasse - mittlerweile haben 1244 Unternehmen eine Gemeinwohl-Bericht veröffentlicht. Hier gibt es einen Überblick über diese zertifizierten Firmen und Organisationen
Beispiele für Gemeinwohl-Unternehmen
- Africa Green Tec AG
- beckers bester GbmH
- BKK ProVita
- Die Bremer Stadtreinigung
- Fachhochschule Dortmund
- FC St. Pauli von 1910 e.V.
- Mobilfunkanbieter WeTell (PS: Du sparst 25€ mit dem Code: climateaction unter diesem Link↗)
Auf der Webseite der Bewegung ecogood.org, gibt es eine Datenbank mit den Unternehmen, die eine Bilanz
Christian Felber: Menschen wünschen sich ein anderes Wirtschaftssystem
In vielen Ländern gibt es eine wachsende Anzahl von Menschen, die sich eine andere Art der Wirtschaftsorganisation wünschen. Eine Umfrage in 20 Ländern hat gezeigt, dass breite Mehrheiten der Bevölkerung der Meinung sind, dass das gegenwärtige Wirtschaftsmodell der Gesellschaft und dem Planeten nicht dient und zu großen Schäden in reichen und armen Ländern gleichermaßen führt.
In Deutschland hat die Bertelsmann Stiftung eine doppelte Studie durchgeführt, um herauszufinden, ob die Menschen sich eine neue Wirtschaftsordnung wünschen. Die Ergebnisse waren bemerkenswert: 88% Prozent der Befragten in Deutschland und sogar 90 Prozent in Österreich gaben an, dass sie sich eine alternative Wirtschaftsordnung wünschen. [1] Uns geht es wirtschaftlich gut, niemand muss hungern, aber es fehlt der "Sinn".
Die Krise hat viele Dimensionen
Laut Christian Felber, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie, sieht die derzeitige Krise nicht nur als materielle oder wirtschaftliche Krise. Sie hat viele Dimensionen und Gesichter. Die Krise beginnt mit einer Sinnkrise. Immer mehr Menschen leiden unter einem Mangel an Sinn in ihrem Leben. Dieser Mangel an Sinn führt dazu, dass Menschen aus dem Erfolgssystem aussteigen und sich alternativen Initiativen wie der Gemeinwohl-Ökonomie anschließen. Der Hunger nach Sinn wird immer stärker.
Ein weiteres Beispiel für die Sinnkrise ist der Slogan "Geiz ist geil". Dieser Slogan ist weltweit bekannt und zeigt, wie sehr wir uns auf materielle Dinge konzentrieren. Aber ist Geiz wirklich erstrebenswert? Würdest du deine Freunde danach auswählen, wie geizig sie sind? Wahrscheinlich nicht. Und doch wird uns dieser Slogan immer wieder suggeriert.
Ein weiteres Problem ist die Konzentration von wirtschaftlicher und politischer Macht. Eine Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich hat gezeigt, dass nur 147 Konzerne die Welt beherrschen. Diese Konzentration von Macht steht im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Freiheit und einer funktionierenden Demokratie. [1]
Es gibt Alternativen
In einer funktionierenden Demokratie gibt es immer Alternativen. Das Einzige, was wir in der Evolution gelernt haben, ist, dass sich immer vieles verändert. Das gilt auch für menschliche Gesellschaften und die Regeln des Zusammenlebens. Es gibt viele alternative Wirtschaftsmodelle, die zeigen, dass es keine naturgesetzliche Ordnung des Zusammenlebens gibt.
Die Gemeinwohl-Ökonomie ist eine dieser Alternativen. Sie ist eine ganzheitliche Antwort auf die ganzheitliche Krise, die wir erleben. Die Gemeinwohl-Ökonomie ist kein theoretisches Modell, sondern ein demokratischer Prozess, bei dem die Wirtschaftsordnung von allen gemeinsam reformiert werden kann. Sie basiert auf den Grundwerten, die in demokratischen Gesellschaften gelten, wie Gleichheit, Freiheit und Solidarität.
Die Gemeinwohl-Ökonomie ist auch ein hochpartizipativer Prozess, bei dem viele Menschen beteiligt sind. Es gibt bereits tausende von Unternehmen, die die Gemeinwohl-Bilanz erstellt haben, und auch Hochschulen und Universitäten sind in diese Bewegung eingebunden.
Kleingedrucktes und weiterführende Infos
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