Divestment Definition: Geldanlage als Hebel für eine nachhaltige Zukunft

Divestment (auch Desinvestition) ist der gezielte Abzug von Kapital aus Unternehmen oder ganzen Branchen, wie z.B. aus fossilen Energieträgern.

Divestment oder Desinvestition gewinnt als Strategie für den Klimaschutz zunehmend an Bedeutung. Erfahre, wie der Abzug von Investitionen aus klimaschädlichen Branchen funktioniert und welche Wirkung er entfalten kann.

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Auf einen Blick
  • Divestment bezeichnet den gezielten Abzug von Investitionen aus klimaschädlichen Branchen und Unternehmen, um die Finanzierung fossiler Energien zu erschweren und den Übergang zu erneuerbaren Energien zu beschleunigen
  • Die finanzielle Wirkung ist umstritten, aber Divestment entfaltet vor allem eine starke Signalwirkung. Einige sehen in aktivem Shareholder Engagement eine wirkungsvollere Alternative
  • Immer mehr Investoren, darunter Pensionsfonds und Universitäten, setzen auf Divestment. Auch für Privatanlegende gibt es verschiedene Möglichkeiten, Divestment in der eigenen Geldanlage umzusetzen

Definition: Was genau bedeutet Divestment?

Divestment (auf Deutsch auch Desinvestition genannt) bezeichnet den gezielten Abzug von Kapital aus bestimmten Unternehmen oder ganzen Branchen. Im Kontext des Klimaschutzes geht es dabei in erster Linie um Investitionen in fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas.

Die Idee dahinter: Indem Investoren ihr Geld aus klimaschädlichen Geschäftsmodellen abziehen, soll die Finanzierung dieser Branchen erschwert und verteuert werden. Gleichzeitig werden die frei werdenden Mittel in klimafreundliche Alternativen umgeschichtet. So soll der notwendige Strukturwandel hin zu einer CO2-neutralen Wirtschaft beschleunigt werden.

Divestment ist dabei mehr als nur eine finanzielle Strategie. Es ist auch ein politisches Statement, mit dem Investorinnen und Investoren Druck auf Unternehmen und Politik ausüben wollen. Die Botschaft lautet: Wer weiter auf fossile Energien setzt, verliert zunehmend die Unterstützung vom Kapitalmarkt.

Die Entstehung der Divestment-Bewegung

Die Divestment-Bewegung hat ihre Wurzeln in den USA. Dort begannen Studierende ab 2011 Kampagnen zu starten, um ihre Universitäten zum Abzug von Investments aus der fossilen Industrie zu bewegen. Inspiriert wurden sie dabei von früheren Divestment-Kampagnen gegen das südafrikanische Apartheid-Regime in den 1980er Jahren.

Ein wichtiger Meilenstein war die Gründung der Organisation 350.org durch den Klimaaktivisten Bill McKibben. Sie koordinierte die ersten großen Divestment-Kampagnen und machte das Thema einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

Von den Universitäten schwappte die Bewegung bald auf andere institutionelle Investoren über:

  • Pensionsfonds
  • Stiftungen
  • Kirchen
  • Städte und Kommunen
  • Versicherungen

Inzwischen haben sich weltweit über 1500 Institutionen mit einem verwalteten Vermögen von rund 40 Billionen US-Dollar zu einem Divestment aus fossilen Energien verpflichtet. Darunter sind bekannte Namen wie die Rockefeller-Stiftung, die Stadt New York oder der norwegische Staatsfonds.

Wie wirkt Divestment?

Die Wirkung von Divestment-Strategien wird kontrovers diskutiert. Befürwortende sehen darin ein wirksames Instrument, um den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu beschleunigen. Kritikerinnen und Kritiker zweifeln hingegen an der realen Wirkung auf die betroffenen Unternehmen.

Mögliche positive Effekte:

Erschwerter Zugang zu Kapital: Wenn immer mehr Investor*innen aussteigen, wird es für fossile Unternehmen schwieriger und teurer, sich zu finanzieren. Das könnte Expansionspläne bremsen.

Sinkende Aktienkurse: Ein massenhafter Verkauf von Aktien könnte zumindest kurzfristig die Kurse drücken. Das macht Neuemissionen unattraktiver.

Reputationsschaden: Divestment-Kampagnen schaden dem Image der betroffenen Unternehmen. Das könnte Kunden und Mitarbeiter abschrecken.

Politischer Druck: Je mehr Kapital abgezogen wird, desto stärker wird der Druck auf die Politik, strengere Klimagesetze zu erlassen.

Mögliche Einschränkungen:

Andere Investoren springen ein: Solange fossile Energien profitabel sind, werden sich immer Käufer für die Aktien finden.

Begrenzte Finanzkraft: Die Divestment-Bewegung umfasst bisher nur einen kleinen Teil des globalen Finanzmarktes.

Fokus auf börsennotierte Unternehmen: Viele fossile Konzerne sind in Staatsbesitz und damit vom Kapitalmarkt unabhängig.

Langfristige Wirkung unklar: Ob Divestment wirklich den Umbau der Energiewirtschaft beschleunigt, lässt sich schwer nachweisen.

Trotz dieser Einschränkungen sind sich die meisten Experten einig: Die größte Wirkung von Divestment liegt in der Signalwirkung und dem Agenda-Setting. Die Bewegung hat maßgeblich dazu beigetragen, die finanziellen Risiken des Klimawandels auf die Tagesordnung von Investoren und Unternehmen zu setzen.

Divestment vs. Shareholder Engagement: Welche Strategie ist effektiver?

Eine häufig diskutierte Alternative zum kompletten Ausstieg ist das aktive Shareholder Engagement. Dabei bleiben Investoren bewusst investiert, um mit ihren Stimmrechten Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu nehmen.

Vorteile von Shareholder Engagement:

  • Direkter Dialog mit dem Management möglich
  • Einfluss auf konkrete Unternehmensentscheidungen
  • Unterstützung progressiver Kräfte im Unternehmen
  • Möglichkeit, den Wandel von innen voranzutreiben

Nachteile gegenüber Divestment:

  • Langsamer und ressourcenintensiver Prozess
  • Begrenzte Wirkung bei verhärteten Fronten
  • Gefahr des "Greenwashing" ohne echte Veränderungen
  • Weniger starkes öffentliches Signal

Viele Experten plädieren inzwischen für einen Mittelweg aus beiden Ansätzen:

  1. Zunächst wird versucht, über Engagement Veränderungen zu bewirken.
  2. Zeigen sich Unternehmen dauerhaft uneinsichtig, folgt als letzter Schritt der Ausstieg.

So verbinden Investoren die Vorteile beider Strategien und maximieren ihren Einfluss.

Wer setzt bereits auf Divestment?

Die Liste der Organisationen, die sich zu einem Divestment aus fossilen Energien verpflichtet haben, wird immer länger. Einige prominente Beispiele:

Pensionsfonds:

  • Der norwegische Staatsfonds, der größte Pensionsfonds der Welt
  • Der New York City Employees Retirement System
  • Der niederländische Pensionsfonds ABP

Universitäten:

  • University of California
  • University of Oxford
  • TU Berlin

Stiftungen:

  • Rockefeller Brothers Fund
  • Leonardo DiCaprio Foundation
  • Bewegungsstiftung

Städte und Kommunen:

  • New York City
  • Berlin
  • Oslo

Finanzinstitute:

  • Allianz Versicherung
  • AXA
  • Crédit Agricole

Diese Liste zeigt: Divestment ist längst kein Nischenthema mehr, sondern in der Mitte des Finanzmarktes angekommen.

Wie können Privatanleger Divestment umsetzen?

Auch als Privatanleger hast du verschiedene Möglichkeiten, das Prinzip Divestment in deiner eigenen Geldanlage umzusetzen:

  1. Nachhaltige Fonds und ETFs: Wähle Investmentfonds, die fossile Energien ausschließen. Es gibt inzwischen eine große Auswahl an nachhaltigen ETFs, die strenge Ausschlusskriterien anwenden.
  2. Grüne Banken: Wechsle zu einer nachhaltigen Bank, die nicht in klimaschädliche Projekte investiert.
  3. Direktinvestments prüfen: Falls du Einzelaktien besitzt, überprüfe diese auf ihre Klimaverträglichkeit und stoße gegebenenfalls problematische Titel ab.
  4. Nachhaltige Versicherungen: Achte bei der Auswahl von Versicherungen und Vorsorgeprodukten auf Nachhaltigkeitskriterien.
  5. Green Bonds: Investiere in grüne Anleihen, deren Erlöse in Klimaschutzprojekte fließen.
  6. Crowdinvesting: Beteilige dich über Plattformen direkt an nachhaltigen Projekten, z.B. im Bereich erneuerbare Energien, z.B. über WIWIN oder Econeers.
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Häufig werden bei nachhaltigen Geldanlagen die Best-in-Class Prinzipien genutzt. Dies sind keine Ausschlusskriterien zum Divestment.

Bei all diesen Optionen ist es wichtig, genau hinzuschauen und Greenwashing zu vermeiden. Nicht alles, was sich "grün" oder "nachhaltig" nennt, hält auch einer kritischen Prüfung stand.

Fazit: Divestment als Baustein der Energiewende

Divestment allein wird den Klimawandel sicher nicht stoppen. Aber als Teil einer umfassenden Strategie kann es einen wichtigen Beitrag leisten, um den notwendigen Strukturwandel in der Energiewirtschaft zu beschleunigen.

Die größte Stärke der Bewegung liegt dabei in ihrer Symbolkraft: Sie hat das Thema Klimarisiken fest auf der Agenda von Investoren und Unternehmen verankert. Immer mehr Akteure im Finanzmarkt erkennen, dass die Abhängigkeit von fossilen Energien nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein handfestes finanzielles Risiko darstellt.

Häufige Fragen zum Thema Divestment

Ist Divestment rechtlich zulässig?

Grundsätzlich ja. Investoren haben das Recht, frei zu entscheiden, worin sie investieren möchten. Allerdings gibt es für bestimmte institutionelle Anleger wie Pensionsfonds treuhänderische Pflichten zu beachten. Sie müssen nachweisen können, dass Divestment-Entscheidungen im besten finanziellen Interesse ihrer Begünstigten sind.

Schadet Divestment nicht der Rendite?

Studien zeigen, dass nachhaltige Investments langfristig keine Renditeeinbußen mit sich bringen müssen. Im Gegenteil: Angesichts der Klimarisiken kann Divestment sogar renditesteigernd wirken.

Was passiert mit den verkauften Aktien?

Die Aktien werden von anderen Investoren gekauft, die weniger klimasensibel agieren. Kritiker argumentieren deshalb, Divestment habe keinen realen Effekt. Befürworter halten dem entgegen, dass es vor allem um die Signalwirkung und langfristige Veränderung von Kapitalströmen geht.

Wie unterscheidet sich Divestment von Impact Investing?

Während Divestment auf den Ausschluss bestimmter Investments abzielt, geht es beim Impact Investing darum, gezielt in Unternehmen und Projekte mit positiver Nachhaltigkeitswirkung zu investieren. Beide Ansätze können sich sinnvoll ergänzen.

Gibt es auch Divestment in anderen Bereichen außerhalb des Klimaschutzes?

Ja, Divestment wird auch in anderen ethischen Kontexten eingesetzt, zum Beispiel bei Tabak, Waffen oder Menschenrechtsverletzungen. Die Klimabewegung hat dem Ansatz aber zu neuer Popularität verholfen.